www.kunstburg.de ist eine Homepage mit
Frameseiten.
mail@kunstburg.de
Hier nun der
zusammengefasste Inhalt:
Wenn Sie
Interesse an meinen Stein- und Holzbildhauereikursen haben, finden Sie
hier weiterführende Links.Unter dem Begriff "Bildhauerei" erörtere ich meine
steinbildhauerische Arbeitsweise. Das Spektrum der Auftragsarbeiten
umfasst zum Beispiel die Gestaltung von Steinbrunnen und Skulpturen,
sowie Arbeiten zu der Grabmalkunst.In der Rubrik "Freie
Kunst" können Sie einen ersten Einblick in meine
freikünstlerischen Arbeiten bekommen. Sie finden hier Installationen,
Zeichnungen und Texte.
>>Kurzbiographie Ebbe Burg:
1975 > Geboren in Reutlingen
1995-96 > Mitarbeit in der
Videoabteilung des Stuttgarter Staatstheaters
1996-00 > Steinmetzlehre, an der Bauhütte der
Frauenkirche zu Esslingen
>
Steinmetz Tätigkeit (Restauration) im Saarland und Italien
> „Leonardo da Vinci-Stipendium"
der HWK Stuttgart
2000-04 >
Freie Kunst Studium (Bildhauerei / Installation), an der Alanus
Hochschule
2004 > Diplom
> freischaffend Tätig
2005 > Kursleiter für Bildhauerei (
Bildhauerhalle / VHS-Bonn / Alanus Werkhaus / Pauke /
Bundeskunsthalle)
2006 > gründung der Bildhauerei
"Kunstburg" für Steinskulptur, Brunnen, Gedenkstein,
Schriftplatte, Denkmal, Grabstein und der Grabmahlkunst
2008 >
Referendar / Münster (Lehramt, Kunst, Gymnasium)
Künstlerische Vita
(Auswahl):
2000 > |
"Blickfeld" /
regelmäßige Ausstellungen an der AH / Köln - Bonn |
> | "Leonardo da Vinci" - Stipendium der HWK
Stuttgart |
> | "Progetto LdV" / Galleria di Volterra,
Italien |
2001 > |
Galerie Kunsthaus Gerwert /
Idar - Oberstein (Einzelausstellung) |
2002 > | "Artist at Work" / Landesgartenschau Ostfildern
(Katalog) |
> | "Pleasureground" /
Landesgartenschau Mönchengladbach (Katalog) |
2003 > | "Ensemblia" / Mönchengladbach (CD-Rom)
|
> | "Herkenart" /
Bergisch Gladbach (Katalog) |
> | "Löwenhof Förderpreis" / Frankfurt, Main
(Katalog) |
> | "Language of Colours"
/ Exkursion des DAAD / Sudan, Afrika |
> | "LoC", Sudan University of Fine Art, Khartoum /
Sudan, Afrika |
2004
> | "erledigt"
/ Köln (Katalog) |
2005 > |
"Bildhauerhalle" /
Bonn |
> | "VolksBänke" /
Detmold (Vorentscheid) |
> | "Beueler Kul-Tour" / Gast bei Lars-Ulrich
Schnackenberg, Bonn |
2006
> | "GlücksWünsche" / KüFo Bonn (Gast bei der
Künstlergruppe "Conexus") |
> | "Must Haves" / Galerie GreteDUR, Köln |
2007 > | "Zeichnung" / Künstlerforum Bonn |
> | "Anonyme Zeichner" / Blütenweiss,
Berlin |
> | "Kunstsommer" /
Kulturspeicher Dörenthe |
> | "Positionen" / Tapetenfabrik Bonn |
Auszug aus der
Eröffnungsrede im Künstlerforum Bonn zu der Ausstellung
"GLÜCK'sWÜNSCHE" der Künstlergruppe "ConeXus" und
Gästen
von Dr. Barbara Hausmanns
(...)
Auf den ersten Blick scheint die Installation von Ebbe Burg
ein typisches Männerglück zu symbolisieren. Der Steinmetz und Bildhauer
setzt Straßenausschnitte mit echten Leitpfosten auf Paletten. Sofort
assoziiert man Straßen natürlich mit Autofahren, der Freude aller
wahren Männer. Doch das Idyll hat Risse: die Leitpfosten zeigen
deutliche Gebrauchsspuren, die Grasnarbe ist ausgeschwemmt, der Asphalt
nicht mehr perfekt in der Oberfläche. Straßen, zumal asphaltierte als
großartige Erfindung der modernen Zivilisation umgeben uns fast
überall. Sie sind Teil unseres Lebens, tausendfach genutzt, aber selten
bewusst wahrgenommen. Sie sind anonym und austauschbar.
Ebbe Burg löst sie aus dem gewohnten
Kontext, „er entzieht der Straße ihren tatsächlichen Sinn“, wie er
selbst formuliert. So erst werden sie uns bewusst, ebenso in Momenten,
wenn wir auf ihnen nicht mehr funktionieren, der so oft geäußerte Gruß
„Gute Fahrt“ in seiner beschwörenden Kraft nicht geholfen hat. Dann
wird aus der guten Fahrt der Weg ins Unglück – der Glückswunsch hat
versagt. Ebbe Burg denkt den Wunsch nach Glück bis zum bitteren Ende,
indem er ihn in der Banalität der alltäglichen Zivilisation scheitern
lässt.
ebbe burg bei xing
REALITÄT UND WIRKLICHKEIT -
IN DER AKTUELLEN KUNST
von Ebbe Burg
Inhaltsverzeichnis:
1.1. Einleitung/Fragestellung
2.1. Christoph Büchel - „ohne Titel“
2.2.
Christoph Schlingensief -„Chance
2000“
2.3. Christina Kubisch -
„Arkadien“
3.1. – 3.10. Abbildungen
4.1. Realität / Wirklichkeit und die
Inszenierung
4.2. Ergebnis! /
Und mehr?
5.1. Viten
5.2. Nachweis
1.1.
Zuerst möchte ich in Kürze etwas über die
Objekt-Kunst darstellen.
Marcel Duchamp (1887-1968) war mit
seiner „Fountain“ der erste, der das alltägliche Objekt in die Museen
holte. Die Jury, bei der er selbst Mitglied war, lehnt das Kunstwerk –
es war im Jahr 1917 – zunächst ab. Dennoch steht das, auf einem Sockel
liegende Pissoir heute für das erste Ready-Made. („das schon
Fertig-Gemachte“). Duchamp brachte das auf hohem handwerklichen Niveau
und mit exzellenten ausgearbeiteten formen hergestellte Produkt in den
Kunstraum. Er entzog dem Pissoir lediglich seinem Zweck und seiner
üblichen Nutzung, um dem Betrachter eine andere Herangehensweise zu
eröffnen. Es bedurfte keiner weiteren Handlung des Künstlers. Das
Kunstwerk war für jedermann zu kaufen. Es musste nur von einem andere
Standpunkt und einem neuen Bewusstsein gesehen werden, um ein
künstlerisches Erlebnis daran haben zu können.
Joseph Beuys
(1921-1986) arbeitete häufig mit ähnlichen Mitteln und Vorgehensweisen.
Er empfand sich trotzdem als konträr zu dem Erfinder des Ready-Made.
Beuys ging einen Schritt weiter. Er setzte seine Arbeiten in einen
anthropologischen Kontext. Er ging davon aus, dass nur derjenige
Künstler werden könne, der dem erweiterten Kunstbegriff folge, um aus
den „Totlaufenden Innovationen“ herauszukommen.
Dass Duchamp dies
nicht tat, statt dessen Schach spielte und schwieg, machte er ihm zum
Vorwurf. Beuys war diese Situation in der Kunstgeschichte eine
Performance im ZDF-Studio in Düsseldorf wert. So wurde am 1. Dezember
1964 die Aktion „Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet“
ausgestrahlt.
Wenn Beuys Verpackungen, Arzneien, Getränke,
Zigaretten und Haushaltsartikel in die Galerien der Welt holte, so
waren diese zum Beispiel von der „Musteranstalt für reines Naturleben
Jungborn“, von Beuys signiert und mit dem Aufdruck „1 Wirtschaftswert“
versehen. Er wollte mit dieser Arbeit – von mir exemplarisch
herausgegriffen, - seinen Forderungen nach einer neuen
Wirtschaftsordnung Nachdruck verleihen. Er bringt die Dinge und Objekte
in einen gesellschaftlichen Gesamt-Kontext, er weist auf die
Unstimmigkeiten in der Gesellschaft hin, für welche die Existenz dieser
Produkte zeugen.
Ich möchte nach diesen kurzgefassten
Schilderungen von den Anfängen der Objekt-Kunst einen Sprung machen und
die Kunstströme wie Pop-Art, Land-Art, Video-Kunst und die Hoch-Zeit
der Performance außer acht lassen, welche ebenfalls nicht mehr eine
Skulptur in ihrem Atelier erstellten, sonder größtenteils sich von
ihrem Umfeld inspirieren ließen, und diese zum Mittelpunkt ihrer Arbeit
machten.
All diese Kreativen waren / sind auf der Suche nach
neuen und zeitgemäßen Ausdrucksmitteln. Gerade auch in der letzten Zeit
konnten wieder mehr Künstler sich in der Szene etablieren, welche
versuchen, mit den verschiedenen Facetten der realen Welt (häufig mit
dem Raum) zu arbeiten.
Meine Fragestellungen sind:
Wie viel und welche künstlerische Mittel müssen eingesetzt werden, in
der Hoffnung, eine neue Sichtweise erzeugen zu können?
Wie kann
man das sichtbar machen, was im Unterbewussten bei der Betrachtung des
Gewohnten erlebt wird?
Und sind wir weiter gekommen wie Beuys?
Oder perfektionieren wir Duchamps Idee des Ready-Made nur?
2.1.
„Wir müssen uns nur noch mit Räumen und Objekten
unseres alltäglichen Lebens befassen,... wir müssen die spezifischen
Substanzen und Geräusche der Menschen, Bewegungen, Berührungen
verwenden. Objekte jeglicher Art sind Material für diese neue Kunst:
Farbe, Stühle, Lebensmittel, Neonlicht, Rauch, Wasser, ein alter
Socken, Filme... tausend andere Dinge werden durch die aktuelle Kunst
entdeckt werden.“ 1 Allan
Kaprow
Sommer 2003. Frankfurt/Main.
Geht die Ausstellung hier noch weiter, in den schmalen Gang rein?
Das Fahrrad, gehört es dazu? Nein, das kann nicht sein, da sind lauter
Abstellschrammen an der Wand, das wird noch benutzt. Ich geh lieber auf
leisen Sohlen wieder heraus, bevor mich jemand ertappt. Aber Moment –
ich bin hier in der Schirn Kunsthalle, so laienhaft kann es hier nicht
sein. Ich schau noch mal nach.
Unsicher folge ich dem Gang nach rechts. Eine Garderobe mit Jacken,
Spiegel, Schuhregal... Was ist hier los? Radiomusik – soll ich wirklich
in den Raum rein schauen? Es riecht streng. Na los – das ist ein
richtiges Zimmer, ein sehr enges, und da ist noch ein Besucher!
Ist das düster hier. Alles ist vollgestellt. Wer hier wohl lebt? Ob er
das grüne Cord-Sofa mit den Flecken als Bett benutzt? In den halb
geöffneten Kleiderschrank möchte ich gar nicht reinschauen. Das
Bücherregal mit der Schneekugel und dem Schweizer Taschenmesser zieht
mich an. Die Bücherrücken sind krumm vom langen Stehen. Alles ist
vergilbt, auch die Lektüren mit den Titeln: „Motorradtouren – Route
66“, oder Männerphantasien“. Wohnt er noch hier?
Ich stehe mitten
in einer fremden Wohnung und betrachte es.
Ich stolpere über zwei
Gerüstabstützstehen – die Decke ist eingerissen.
Kommt der
beißende Geruch aus der Küche? Da ist noch der Reis und die
Hähnchenknochen in der Pfanne. Ist das alles dreckig hier!
Das
ist der gleiche Küchentisch, wie ich ihn habe...
Gleich noch mal
genauer schauen. Aber erst noch ein Blick in das Wohnzimmer!
Die
Möbel sind durcheinander. Erdmassen haben das Fenster zerstört und das
halbe Zimmer mit Geröll gefüllt. Aus dem Radio kommt Volksmusik und es
blinkt grün.
Man kann nicht mehr aus dem Fenster schauen – alles
ist zu. Glassplitter auf dem Teppichboden.
Der Ärmste, wo er
jetzt wohl ist, da seine Wohnung zerstört ist? Wie er aussieht? Er ist
bestimmt Pförtner, mit bleicher Haut, fettigem glatten Haar und leicht
aufgequollenem Gesicht. Ob ihm jemand hilft? Wahrscheinlich die Jungs
von der Bergwacht. Er wird in der Turnhalle mit hundert anderen
Betroffenen eine warme Suppe schlürfen. Was kann man durch die
aufgebrochene Wand sehen? Ja klar: das Bad. Das Wasser steht in dem
ganzen Raum und reicht bis an die Klobrille. Eklig.
Okay, ich geh
mal weiter!
[Hinweis: Die im
Mittelteil abgebildeten Fotos zu Christoph Büchel, sind keine
Abbildungen von der hier geschilderten Ausstellung. Die Bilder sind von
seiner Arbeit „SHELTER II“ welche 2002 in dem O.K Centrum für
Gegenwartskunst in Oberösterreich stattfand. Zu der Installation, die
2003 in der Schirn Kunsthalle, im Rahmen der Gruppenausstellung „Auf
eigene Gefahr“ zu sehen war, sind selbst in dem dazu erschienenen
Katalog keine Bilder veröffentlicht worden, sowie auch nicht im
Internet.
Jedoch unterscheiden sich die grundsätzlichen
Situationen, die Materialien und die Arbeitweise der beiden Werke, in
dem Medium Foto, nur unwesentlich.]
Was war das für ein Erlebnis, wie man durch
die Installation von Büchel Raum um Raum aus dem Musealen
herausgetragen wurde? Man ist in eine fiktive Biographie eingetreten
und Zeuge realer Gesellschaftszustände geworden.
Wie hat
dies Büchel erreichen können?
Zum einen hat er durch die
sechsfache Steigerung: vom kleinen Gang mit dem Fahrrad, bis hin zu dem
überfluteten Badezimmer den Besucher immer weiter von der Kunsthalle
sich entfernen lassen. In dem ersten Raum waren es noch die „Schirn“
Wände, die einen umgaben. Aber schon im dritten Zimmer war einem dieser
Bezugspunkt entzogen. So gelang es ihm, jeden Besucher in diese
Situation Schritt für Schritt eintauchen zu lassen. Auch durch den
intensiven Geruch – ich vermute, das es verschüttete Milch auf dem
Teppichboden war – gab es kaum eine Möglichkeit, es distanziert zu
erleben.
So ist der Betrachter in den Zustand regelrecht
hineingesaugt worden. Es war einem alles nicht fremd. Es war sehr nah
und konkret.
Dadurch, dass die alltäglichen Wohnacessoires in
ihren vorgesehenen Zusammenhängen waren, war auch keine direkte
Verwandlung erlebbar. Außer der grundsätzlichen
Umsetzung einer Wohnung in den Kunstraum, wirkte das Inszenierte real.
Es war bis aufs kleinste Detail vollkommen.
Für mich waren
lediglich zwei Situationen dabei, in denen es in die Unstimmigkeit
kippte. So war zum Beispiel das Geröll nicht in dem Winkel angehäuft
wie es hätte sein müssen, wenn tatsächlich mit großem Druck das Fenster
eingestürzt wäre. Allein dieser Erdhaufen, welcher den Anschein hatte,
er sei „eimerweise“ aufgebaut, machte den Besucher stutzig.
Zum
anderen war da diese Öffnung in das Bad. Hierfür gab es keine kausale
Erklärung, außer, dass der Bertachter hier die Möglichkeit hatte, in
angenehmer Weise in das Badezimmer zu schauen.
An diesen Stellen
werden einem die Schwierigkeiten des Künstlers deutlich. Es sind kleine
Dinge, die dem Publikum verraten, dass es gemacht und nicht entstanden
ist.
Den schmalen grad zwischen Realem und Erzeugtem, welche der
Bildhauer beim Modellieren eines Nasenflügels, zum Beispiel auslotet,
gilt es bei dem Erarbeiten eines Raumes mit menschlichen
Hinterlassenschaften aufs genaueste abzutasten. Hier wird eine präzise
Beobachtung und Wiedergabe verlangt, wie es Büchel zum Beispiel mit den
Kratzern des Fahrradlenkers an der Wand geschafft hat.
Gerade bei
dem Spiel mit dem alltäglich Sichtbaren wie hier bei einer 1:1
Verquickung von Kunst und Leben, erfordert es eine sensible
Wiedergabe.
Als Gast dieser Installation ist man „gleichzeitig
Opfer und Täter und schwankt zwischen Voyeurhaften Interesse und
tatsächlicher Betroffenheit“.2 Man ist Opfer, da man zum einen sich in
den Abgrund gesellschaftlicher Zustände hat mitnehmen lassen und Täter,
weil man mit großer Lust die Chance nutzt, eine fremde Wohnung zu
inspizieren und sich dabei sicher zu sein, dass der Mann nicht nach
Hause kommt, da seine Wohnung ja durch den Erdrutsch unbrauchbar
geworden ist.
Wie in den anfänglichen Schilderungen vielleicht
erlebbar, nimmt man Anteil an der Situation des fiktiven Mitmenschen.
Und just in diesem Augenblick „funktioniert“ das Kunstwerk.
Es
entsteht in jedem Einzelnen eine eigene Wirklichkeit.
Eine
weitere Wirkung löst die dargestellte Naturkatastrophe in dem Zuschauer
aus: ihn erfüllt ein Mitleidsgefühl, dem er freien Lauf lassen kann. Da
es ein inszeniertes Drama ist, wird keine wirkliche Aktion von ihm
erwartet. Aber vielleicht schärft es seinen Blick für wirkliche
Notsituationen seiner Mitmenschen. Aber vorerst kann er es so stehen
lassen.
Wir sehen, dass in dem Werk des Schweizer
Künstlers eine ständige Verzahnung von Realem, Inszeniertem und
Wirklichem gibt. Der Besucher wird in eine inszenierte Realität
hineingeschleust, um daran wirkliche Erlebnisse zu haben.
2.2.
„Gegenstände sind keine statischen
Objekte, sie repräsentieren soziale und institutionelle Prozesse und
unterliegen einer permanenten Veränderung, auch definitorisch. Ich sehe
Gegenstände immer im Zusammenhang mit Vorgängen. Und Vorgänge immer in
Zusammenhang mit Menschen die diese Vorgänge auslösen oder darin
Involviert sind.“ 3 Maria Eichhorn
Wahljahr 1998. Theaterhaus Wangen/Stuttgart.
Christoph
Schlingensief ist angekündigt, um seine Partei – oder ist es ein
eingetragener Verein – oder gar ein Theaterstück „ Chance 2000 – Wähle
dich selbst“ vorzustellen.
Der Saal ist gut besucht. Viele
Jugendliche, die man von ihrem Outfit klar der „Linken“ Szene zuordnen
würde, als auch ältere Herren mit Hemd und Pulli, bilden die Mehrheit
der Anwesenden. Es ist eine gespannte - dennoch lockere Stimmung.
Schlingensief tritt mit Begleitung auf das Podest, lässt alle
Anwesenden willkommen heißen, und bittet Hildegard Knef auf die Bühne.
Ein Rollstuhlfahrer steuert durch die Zuhörerschaft auf die Bühne.
Sofort stellt sich das Gefühl der Schmach ein. Wie soll man sich
verhalten? Einem Rollstuhlfahrer gegenüber verhält man sich immer
falsch, vor allem, wenn er mit Hildegard Knef aufgerufen wurde.
Schlingensief hat uns in den für die Veranstaltung benötigten Zustand
versetzt. Es folgt eine freie Rede, welche von Zufälligkeiten und
Zwischenrufen gesteuert wird. Eine Inszenierung? – und zu welchem
Zweck?
Hier nun vier weitere ausgewählte Zitate, die auf
seiner Tour mit dem Chance 2000 Team aufgezeichnet wurden:
„Ich glaube, dass in der Anhäufung von Schwachsinn mehr Wahrheit liegt,
als in der Anhäufung von Wahrheit.“ 4a
„Ist der
Zirkus Kunst, ist das Theater oder ist das Realität? Wenn ich aus
vierzig Meter Höhe vom Seil stürze, ist das noch Kunst? Denken wir an
den Fall Schwarzkogler. Kunst oder Realität? Was ist das jetzt? Kunst
oder Unfall, das ist die Frage. Stürze ich hier runter, bin ich dann
ein Kunstwerk gewesen, oder werde ich ein Kunstwerk sein? Das sind die
Fragen, die im Raum stehen heute abend. Und vielleicht rufe ich wieder:
Tötet Helmut Kohl! Aber doch nicht als Privatperson! Ich werde die
gefesselten Hände hochhalten, als das Zeichen für einen politischen
verfolgten Künstler in der BRD! Und als solchen begreife ich mich! Ich
werde verfolgt, ich befinde mich in Lebensgefahr! Helmut Kohl! Versuch
es nicht!“ 4b
„Jeder Gang zu einem Amt, jede
Diskussion, jede Fahrt in die Stadt sind eigentlich pausenlose
Überprüfungen des Raumes, wo man neu hinkommt, und gleichzeitig die
Irritationen eines Raumes durch einen selbst. Wir überprüfen den Raum,
und der Raum überprüft uns. Das System spielt mit mir, ich erfinde ein
anderes, mit dem dann ich spiele.“ 4c
„Jeder
kann mitmachen. Wir wollen nicht als Kunstpartei wahrgenommen werden,
wo sich das System 1 dann wieder rausreden kann, das sei doch alles nur
Theater. Und die Arbeitslosen, um die es eigentlich gehen müsste,
bleiben auf der Strecke“. 4d
Ich muss zugeben,
dass nach der Veranstaltung hauptsächlich die Frage blieb: Was war das
jetzt? Was wollte er mit seinem Verwirrspiel?
Es war nach wie vor
nicht klar, welche Form nun die „Chance 2000“ hatte. Zum anderen war
eine Diskrepanz zu erleben, zwischen der Welt der Politik mit den
Arbeitslosen und den künstlerischen Fragen und Aktionen.
Im Bereich meiner Arbeit wird aber eher die Frage im Mittelpunkt
stehen: Was erreichte Schlingensief, und mit welchen Mitteln versuchte
er das zu erreichen?
Viele Briefe, die Schlingensief erreichten,
und veröffentlicht wurden, beginnen mit dem Satz: “Es ist ja alles nur
inszeniert.“ Das klingt oft wie eine Absicherung, eine Distanzierung,
wie ein wirkliches Wissen.
Denn so einfach macht es uns der
Theaterregisseur nicht.
In dem Verein laufen viele Ideen und
Konzepte parallel zueinander. Der Grund liegt darin, dass schon in der
Präambel der Schlingensief-Partei verankert ist, dass sie ihre Ziele
erst entdecken möchte und sie sich jedem verweigert, der bereits ein
übergeordnetes „Endziel“ anvisiert hat. Wobei ähnliches über das
„Diskutieren“ festgehalten wird!
Dies zeugt für eine lebendige
Struktur.
Die schon im Zusatznamen der Partei hervorstechende
Idee „Wähle dich selbst“, ist wohl die Hauptparole der Vereinigung. Das
Büro von Schlingensief versteht sich als Ratgeber zur Parteiengründung.
Es werden Plakate veröffentlicht, auf denen die Grundvoraussetzungen zu
lesen sind, die in Deutschland benötigt werden, um eine Partei ins
Leben zu rufen (z.B. 200 Unterschriften von Personen sammeln, die einem
so etwas zutrauen!)
Was als Anstoß von dieser Unternehmung
ausgeht, ist, sich selbst zu wählen, in Aktion zu treten und seine
Chance zu ergreifen. Jedoch wurde die Parole zeitweise auch umbenannt
in: „Chance zum Scheitern.“
Ein konzeptioneller Fehler der ganzen
Sache liegt, meiner Ansicht nach darin, dass man sich selbst zwar in
der Wahlkabine ankreuzen konnte, aber damit die Person Schlingensief in
den Bundestag
bringen würde.
In unserem Zusammenhang ist es besonderst
interessant, dass der Spielleiter Schlingensief aufs strengste bemüht
ist, sich von der Kunst abzugrenzen.
Er arbeitet mit politischen
Methoden, dann aber auch mit künstlerischen Mitteln, zum Beispiel der
Grenzüberschreitung und fordert von den Interessierten, dass sie ihr
Bewusstsein dafür öffnen. Die Gefahr, dass seine Aktionen zu einem
„Theater“ erklärt werden, und in der Folge davon, nicht mehr ernst
genommen werden würden, versucht er mit Professionalität zu
widerlegen.
Büchel dagegen braucht den Freiraum der Kunst, um
sich mit seinem Schaffen überhaupt von der Außenwelt abzuheben. So
bietet der junge Künstler auf spannende und sensible Weise sein Thema
an. Er zwingt nicht.
Schlingensief hingegen erwartet fast schon
aggressiv eine Weltveränderung durch seine Aktionen. Beide aber gehen
vollgepackt mit Botschaften und Inhalten an das Publikum heran. Der
eine, indem er vor allem die Realität sprechen lässt und der andere,
indem er seine Sicht der Realität mit Hilfe einer Inszenierung
vermitteln will.
Gibt es in der aktuellen Kunst noch einen
anderen Ansatz, Realität zur jeweiligen eigenen Wirklichkeit des
Betrachters zu machen?
Aus diesem Grund möchte ich eine Zäsur in
meinen Schilderungen hier machen und noch ein weiteres Werk einbringen.
Ich werde eine Arbeit darstellen, die nahezu ohne Inhalt auskommt,
beziehungsweise diesen im Bertachter entstehen lässt. Der Anstoß für
diese Weiterführung waren Fragen, die im Laufe meiner Arbeit in mir
entstanden.
2.3.
„Darüber hinaus
interessiert mich die Wahrnehmung von Raumpräsenz, und zwar von Raum,
wo man Präsenz, fast so etwas wie eine Wesenheit, spüren kann – das
körperliche Gefühl und die Kraft, die Raum vermitteln kann.“
„Licht ist eine kraftgeladene Substanz, zu der wir eine primäre
Verbindung haben. Aber die Situationen, in denen man die Präsenz einer
so kraftgeladenen Substanz wahrnimmt, sind fragil. 5 James
Turell
Die Ausstellung von Christina
Kubisch „Arkadien“, welche sie in dem Luftschutzbunker Oberhausen
realisierte, möchte ich auch als Gegenpol, und als Ergänzung zu den
Arbeiten der beiden vorher geschilderten Künstler aufführen. Die
Arbeiten Kubisch faszinieren mich inzwischen schon viele Jahre, und ich
komme nicht daran vorbei, sie auch in diesem Kontext zu erwähnen.
Die Rauminstallation „Arkadien“ besuchte ich im Jahr 2003, als sie,
aufgrund von Öffnungszeiten, noch minimalistischer war, als von der
Künstlerin konzipiert. Es fehlte die Klangkulisse, die für die
studierte Komponistin von zentraler Bedeutung ist. Trotz – oder gerade
deshalb, - entfaltete sich für mich die Lichtinstallation ganz
besonders.
Jedoch war ich zuerst enttäuscht, als ich in den
Bunker trat, der nahezu noch im Originalzustand ist.
Zu sehen war
ein Flur mit ungefähr 20 kleinen Zellen, die alle nach dem gleichen
Muster aufgebaut waren. Die Räume konnten nicht betreten werden; der
Boden war recht laienhaft mit fluoreszierendem Pigment bestrichen.
Selbst die Schienen, an den Wänden, die einer Galerie dazu dienten,
Bilder geschickt aufhängen zu können, waren nicht entfernt worden. Über
den Türen der Zellen waren UV-Hochdrucklampen versteckt, die die
Kammern in ein blau-violettes Licht tauchten. Die konsequente
Wiederholung führte dazu, dass man sich mit dem Wenigen, das zu sehen
war, intensiv beschäftigte. Und beim Betrachten des „so Wenigen“
entwickelte sich alles.
Durch die spezielle Lichtsituationen war
es einem möglich, die Luft zu sehen. Sie oszillierte regelrecht. Das
Aufgezeigte ging geradezu in die eigene Körperlichkeit. Es stellte sich
eine Ahnung bei mir ein, was ein Bunker ist. Es gab keine Fragen mehr,
wie es wohl damals gewesen sein musste, etc. Denn man spürte es: wahr
und direkt. Kubisch lies die Wände erzählen, ohne etwas dazu zu
erfinden. Die UV-Lampen,
die von Restauratoren verwendet werden, um übermalte Schichten
aufzudecken, legten einem in dieser Verwendung die Wirklichkeit dar.
Was passiert da?
Kubisch nimmt den Ort mit seiner
Historie und seiner starken Atmosphäre und filtert zum einen das
Wesentliche, gleichzeitig aber auch das bis jetzt Unbekannte heraus.
Die Begriffe, mit denen beladen wir hereinkommen, fallen ab. Im
Anschauen entstehen die adäquaten Begriffe für das Gesehene.
Durch den sehr ausgetüftelten Umgang mit dem Licht und dem magisch
reflektierenden Boden spürt sie geschickt auf, was unterbewusst
erlebbar, aber nicht sofort greifbar ist. Sie entzieht einem den
normalen Blick. Selbstverständlichkeiten, wie Raumgröße oder
Proportionen sind schwer einzuschätzen. Man muss sich auf ein anderes
Wahrnehmen einlassen, (vom Künstler geleitet), was hier zur folge
hatte, dass man Antworten auf Fragen spürt, die einen in einem
Luftschutz-Bunker bewegen.
Zu dem Klang, den ich bei dieser
Arbeit nicht hörte, kann ich nur kurz von anderen Werken und auf
Erzählung beruhenden Schilderungen etwas sagen.
Kubisch sucht im
Regelfall Töne, Geräusche, die aus der Zeit stammen, in welcher das
Gebäude noch in seiner ursprünglichen Funktion agierte. Sie verfremdet
diese und spielt sie leise, meist nur andeutungsweise durch ihre
Ausstellungsszenarien.
4.1.
„Wirklichkeit, Abl. Von wirken, mhd. Würken (altgerm. Wort zu
„Werk“) zuerst bei Meister Eckart für actualitas ( oAktualität), bez.
Allg. den Inbegriff dessen, was wirkt bzw. wirksam geworden ist. Vgl.
oRealität. (...)
„Realität, von neulat. realitas (zuerst bei Duns
Scotus), die Dinglichkeit, oWirklichkeit, das Vorhandensein in der
Außenwelt (...) Dass R. sprachlich von Ding (res), Wirklichkeit dagegen
von Wirken abstammt, erhellt den Unterschied der lateinisch-statischen
und deutsch-dynamischen Eigenart in Blick und Erlebnisrichtung.“
(...)6
Im Sinne dieses Zitates aus
dem Wörterbuch der philosophischen Begriffe (siehe Quellenverzeichnis)
möchte ich nun versuchen, aufzuzeigen, wie Realität zu Wirklichkeit
werden kann – im Leben und – durch den Einsatz künstlerischer Mittel –
in der Kunst.
Im normalen Wortgebrauch ist die Realität meist
etwas Objektives. Dazu zählen Dinge, Materialien, aber auch von
Menschen erzeugte Zustände und Situationen.
Aus der Wahrnehmung
der Realität und dem Begriff, den ein Mensch sich aufgrund seiner
Erfahrungen im Leben angeeignet hat, entwickelt sich ihm seine eigene
Wirklichkeit. Einem Menschen, der genau hinschaut und dem aufgrund
seiner Erfahrung differenzierte Begriffe zur Verfügung stehen,
erschließt sich eine andere Wirklichkeit, wie zum Beispiel einem Kind,
im Anblick derselben Sache.
In der Philosophie wird die
Fragestellung der Realität und Wirklichkeit auf differenzierte Weise
betrachtet. Der Grundtenor ist aber schon bei Aristoteles zu finden.
„dass sich die Erkenntnis der Wirklichkeit durch die Wahrnehmung und
dem Denken (Begriffe) „vollzieht“.
Das Reale wird wahrgenommen,
der erlernte Begriff kommt hinzu, so kann es überhaupt erst erfasst
werden.
Was alles wird von der Außenwelt wahrgenommen?
Gibt es da Verschiedene Ebenen?
Ich denke schon. Alle Gegenstände
haben ihre Geschichte und tragen diese Informationen in sich. Und je
nach Bildung und Erfahrung der Person, die sie anschaut, wird sie
andere Begriffe dafür finden. So schafft sich jeder sein eigenes
Weltbild, und es kommt zu parallelen Wirklichkeiten. Zusätzlich sind
wir ständig Konfrontiert mit Rheinfolgen komplexer zusammenhänge, die
sich oft nicht sofort erschließen lassen, aber im Unbewussten
wirken.
Die Gründe, warum zum Beispiel ein Haus mit Satteldach
versehen ist, oder warum ein Garten im Vorderbereich symmetrisch und im
hinteren Teil asymmetrisch angelegt ist, liegt begründet in
Entscheidungen von hochintelligenten Individuen.
Es liegt an uns, ob wir in der Lage sind, uns ein Begriff dazu zu
machen.
Es liegt in der Natur des Menschen, dass er bemüht ist,
alles was er sieht, zu kombinieren, es in eine, beziehungsweise seine
vielschichtige Umgebung zustellen. Unser Wissen beruht auf diese
Fähigkeit. Alles uns Umgebende verbirgt Hinweise, von denen es gilt,
dass sie uns bewusst werden. Und je genauer ich hinschaue (und mir den
Blick nicht durch einseitige Vorurteile trüben lasse) und je
Vorurteilsloser ich darüber zu denken in der Lage bin, umso mehr nähere
ich mich der vollen Wirklichkeit.
In der modernen Psychologie zum
Beispiel wird damit gearbeitet, dass sich im genauen Anschauen der
Symptome eines Patienten einem die verborgenen Hintergründe und auch
vergangene Konflikte erschließen lassen, die zu diesen Symptomen im
Hier und Jetzt geführt haben. Also, auch hier: Die volle Wirklichkeit
setzt sich zusammen aus der Wahrnehmung und dem dazu gehörenden
Begriff.
Das setzt allerdings Eigeninitiative voraus.
Ein
weiteres Beispiel, wie aus der Realität erst durch Eigenaktivität eine
Wirklichkeit geschaffen werden kann, ergab sich mir aus der
Beschreibung der Übungen der Rückschau am Ende eines Tages, wie sie
Rudolf Steiner in seinem Buch „Geheimwissenschaft“ darstellt.
Der
Geistesschüler soll am Abend seinen erlebten Tag vor seinem inneren
Auge, rückwärts, vorbeiziehen lassen. Interessanterweise spricht er
nicht von großen Ereignissen, die man sich noch mal vor Augen führen
lassen soll, sondern er empfiehlt eher „einzelne kleinere Teile
dieses Tageslebens“ 7 sich noch mal anzuschauen. „Wie
war noch mal die Handbewegung? Wie habe ich mir die Schuhe ausgezogen?“
Es geht ihm darum, dass man sich ein möglichst genaues Bild erstellt –
und zwar im rückwärtigen Verlauf, um konform mit der Geistigen Welt zu
sein.
Interessant ist außerdem, dass er für die Vorbereitung auf
die nächtliche Welt klar von Bildern spricht und nicht von Gedanken
oder Gefühle, die es gilt auf eine räumliche Art in eine
Zeitvorstellung zu transformieren.
Wie wird Realität zur
Wirklichkeit? Diese Frage ist jetzt gestellt in Bezug zur Kunst.
In der Kunst, und in der Objektkunst im besonderen, wird versucht, den
Prozess der Eigenaktivität anzuregen, um zur Wirklichkeit
durchzustoßen.
Ein Mittel dazu ist, wie wir sahen: die
„Inszenierung“. Sie ermöglicht oft erst die Unterscheidung zwischen dem
Makrokosmos und der Kunst. Aber ist der Begriff „Inszenierung“ in der
Bildenden Kunst überhaupt richtig angewendet?
In unserer
Gesellschaft ist die Inszenierung gang und gebe, sei es in der Politik,
im Show-Business oder bei der eigenen Person. Durch die Inszenierung
kann der Wahrheit eine Art Maske übergestülpt, den Tatsachen ein
gewolltes Bild übergezogen werden, das nicht mit der Wirklichkeit
übereinstimmen muss. Es wird von dem, der inszeniert, so gelenkt.
Manchmal wird auch etwas „in Szene“ gesetzt, um damit einen Charakter,
eine Form oder auch ein Inhalt zu verdeutlichen.
In der Kunst ist
so die „Inszenierung“ eher als ein ästhetisches Mittel zu sehen und
einzusetzen, um zum Beispiel eine feine Künstlichkeit zu erzeugen. Die
Gefahr jedoch ist, dass das Inszenierte unwahrhaftig wirkt,
beziehungsweise aufgesetzt.
Im Hinblick auf die Geschilderten
Arbeiten der Künstler ist Büschels Arbeit „ohne Titel“ eher eine
gelungene Präsentation (der Realität), als eine Inszenierung, die nur
in geringen Maße vorkommt.
Bei Schlingensief, der beruflich aus
der Heimat der Inszenierung kommt, ist es häufig der Fall, dass er die
Grenzen zwischen Theaterstück und Aktionen verwischt. Er möchte, was im
Theater möglich ist, in die Außenwelt der Bühne bringen; womit er
Realität inszeniert.
4.2.
„Die
volle Wirklichkeit eines Dinges ergibt sich uns im Augenblick der
Beobachtung aus dem Zusammengehen von Begriff und Wahrnehmung.“ 8
Rudolf Steiner
Die Naturalisten gaben die Welt wieder, so gut es
ihr handwerkliches Geschick, die Möglichkeiten des Materials und ihr
Bewusstsein erlaubten.
Die Realisten „erschafften sich eine
eigene „Realität“, eine äußere und eine innerliche, die sie in eine
autonome und persönliche Umgangssprache umsetzten“. 9 Sie
suchten nach einer subjektiven Realität.
Die Ready-Made
Generation brachte Dinge und Produkte in einen neuen Zusammenhang, sie
entzogen den Gegenständen ihre Nützlichkeit und ihre ursprüngliche
Bestimmung, um einen erweiterten Blick des Kunstinteressierten zu
ermöglichen.
Was machen unsere, in einer ihrer Arbeiten
vorgestellten Künstler, in den Anfängen unseres Jahrhunderts?
Hier wird das Objekt nicht mehr transformiert (es wird zum Beispiel
kein Telefon mit der Erde verkabelt) und so in Unstimmigkeit gebracht.
Die Verwandlungsmöglichkeit eines Gegenstandes wird minimalisiert.
Teilweise wird versucht, es aus dem Kunst-Kontext herauszuholen
(Schlingensief), um den Bedürfnissen des Künstlers und denen der
Gesellschaft Ausdruck verleihen zu können.
Am stärksten mit dem
Prinzip des Ready-Made arbeitet Christoph Büchel.
Was stellt er
aus, wenn er die Wohnung eines Messys aufbaut?
Er sucht sich ein
Extrem in unserer Gesellschaft, eine psychisch-krankhafte Situation,
ohne etwas weiteres dazu zu tun. Er nimmt das Gegebene, oft Übersehene
und thematisiert es. Er setzt eine komplexe Situation in das Museum.
Durch diesen „Kunstgriff“ wird uns das Erleben unseres
gesellschaftlichen Umfeldes überhaupt erst möglich. Und da jeder Teil
dieses Umfeldes ist, hat er auch Teile dieses Krankhaften in sich, mit
denen er plötzlich konfrontiert ist. Büchel reicht die Gegenwart, das
Reale. Er braucht keine weiteren Ideen.
Christina Kubisch schöpft
aus der Vergangenheit. Sie horcht auf vergessene Klänge und zeigt
vergangene Spuren auf, in ihren atmosphärischen Ausstellungsorten. Sie
erreicht, alleine durch das gelungene Reduzieren und Verstärken der
üblichen Wahrnehmungsoptionen, ein substanzielles Erleben der
Wirklichkeit. Man hat das Gefühl, dass sie dem Raum nichts weg nimmt,
aber auch nichts dazu fügt, sondern das aufzeigt, was der Ort schon in
sich hatte.
Kubisch gibt Möglichkeiten, an die Wahrheit zu
stoßen. Dadurch, dass sie einem die gewohnten Dinge, wie auch die
Begriffe entzieht, lenkt sie somit stark die subjektive Wirklichkeit
des Betrachters, lässt aber gleichzeitig Freiräume zur eigenen
Interpretation.
Mein Unterthema hätte auch lauten können:
von der Realität zur Wirklichkeit als menschlich – künstlerischen
Weg.
Alle weiteren noch offen gebliebenen Fragen, werde ich,
eventuell in meiner Diplomdokumentation zur praktischen Arbeit
aufgreifen.
5.1.
Christoph Büchel:
1966 geboren in Basel / 1986-89 Schule für Gestaltung in Basel /
1989-90 Cooper Union School of Art, New York / 1992-97 Kunstakademie
Düsseldorf / 2000-01 Stipendium im PS 1, New York./Weltweit
verschiedene Ausstellungen und Aktionen. 10
Christoph
Maria Schlingensief:
1960 geboren in Oberhausen / 1981-83 Studium
der Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte an der Universität in
München; Daneben Regieassistenz / 1983-86 Lehraufträge für
Filmgestaltung und Filmtechnik an der Hochschule für Gestaltung in
Offenbach und an der Kunstakademie Düsseldorf / Vater von drei
Kindern/zur Zeit, u.a.: Regie Tätigkeit bei den Wagner–Festspielen in
Bayreuth und Zürich, hier unterbrochen, da alle Teilnehmer erkrankten!
11
Christina Kubisch:
1948 geboren in Bremen /
1967-68 Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (Malerei) / 1969-72
Musikstudium an der Staatlichen Hochschule für Musik in Hamburg und
Graz / 1972-74 Studium an der Musikhochschule Zürich / Studium der
Komposition und Elektronische Musik am Konservatorium
Mailand; Diplom / 1980-81 Studium der Elektronik am Technischen
Institut Mailand / 1989 Gastdozentur, Jan van Eyck Akademie, Maastricht
/ 1990-91 Lehrauftrag Kunstakademie Münster / 1991-94 Gastprofessur an
der Hochschule der Künste, Berlin / seit 1994 Professur für Plastik und
Audiovisuelle Kunst an der Hochschule der Bildenten Künste Saar,
Saarbrücken / seit 1997 Mitglied der Akademie der Künste, Berlin. 12
(Beim genauen durchlesen werden einem seltsame
Verquickungen der Örtlichkeiten meiner drei Künstler auffallen; Welche
ich auch nicht nach den Vornamen auswählte! Anm. d. Verf.)
5.2.
Quellenverzeichnis:
1: „American Art of the Twentieth
Century“/Herg. Sam Hunter/1973
2: „shelter II“/ Verfs: Beate
Engel/Hersg.: O.K. Centrum für Gegenwartskunst Oberösterreich/2002
3: „Documenta 11 – Katalog“/ Hatje Cantz-Verlag/2002
4a-d:
„Chance 2000 – Wähle dich selbst“/Verfs: C. Schlingensief/
KiWi-Verlag/1998
5: „James Turell“/Hersg.: Mark Holborn/1985
6: „Wörterbuch der philosophischen Begriffe“/Verfs: Johannes
Hoffmeister/Felix-Meiner-Verlag
7: „Geheimwissenschaften“/Verfs:
Rudolf Steiner/Rudolf Steiner Verlag
8: „Die Philosophie der
Freiheit“/Verfs: Rudolf Steiner/Rudolf Steiner Verlag/1894
9:
„Knaurs Lexikon der Modernen Kunst“/Th. Knaur Nachf. Verlag/1965
10: www.kunst-frei.de
11: siehe „zu 4“ + www.schlingensief.de +
„Ulmer Zeitung“ /17.03.2004
12: „KLANGRAUMLICHTZEIT“/Kehrer
Verlag Heidelberg/2000
Bildnachweis:
3.1.: www.bunker.oberhausen.de
3.2.: siehe zu 12.
3.3.–3.4.: siehe zu 4.
3.5.-3.8.: zu 2.
3.9.-3.10.: „Marcel
Duchamp – Fountain“/Oliver Baker/New York
Kurzbeschreibung
zu der Arbeit "Straßenbeleuchtung"
Auf meinen 18 Zeichnungen zeige ich belanglose Bonner
Straßenbeleuchtung.
Das Papierformat
ist das gebräuchliche DIN A4 Maß. Der Zeichenstrich ist mit
handelsüblichen Fine Liner gezogen.
Das alltägliche Straßenbild ist zurückgenommen auf das
scheinbar banale Motiv der Straßenbeleuchtung. Die Laternen sind aus
gewöhnlichen Perspektiven festgehalten und auch sonst nicht weiter
verfremdet. Die Industrieformen sind nur durch ihre Umrisslinie
definiert. Der Strich ist ebenfalls minimiert – fast ohne eine
"Eigenaussage".
Und was
passiert?
Ein kleiner Teil unserer
alltäglichen Bilder ist herausgenommen und in den Mittelpunkt gestellt.
Die Situation ist auf ein wesentliches Teil zurückreduziert. Der Blick
kann sauber und klar die Ästhetik erleben und dadurch etwas
"neu" sehen.
Susanne Grube schreibt: "Der
Bildhauer Ebbe Burg transformiert Ansichten von Straßenlaternen und
deren Verkabelung in Linien eines unsichtbaren Koordinatensystems und
gibt damit die Essenz der Zeichnung vor, die vollkommen ohne Farbe und
nur mit der
Fläche des Blattes auskommt. Zielstrebigkeit, Ehrlichkeit und Klarheit,
aber auch Intimität werden der gezeichneten Linie
zugedacht."
DIE ZEIT 20.10.2005
Nr.43
Ein großes Kunststück
Das Leben nach der Akademie – drei Künstler erzählen von ihrer
Ankunft in der Wirklichkeit
Von
Andrea Benda
Ebbe Burg, 29, Installationskünstler, studierte an
der Alanus-Hochschule in Alfter bei Bonn Bildhauerei mit dem
Schwerpunkt freie Kunst
Einerseits,
sagt Ebbe Burg, könne er sich über sein Dasein als freier Künstler
nicht beklagen. »Andererseits muss ich wahnsinnig reinbuttern und
bekomme nur wenig zurück.« Natürlich wusste der 29-Jährige schon
während des Studiums, dass es nicht einfach sein würde, sich auf dem
freien Markt zu behaupten. Ein wenig leichter hat er sich sein
Arbeitsleben trotzdem vorgestellt. Dabei kann der Installationskünstler
mittlerweile auf etwa 20 Ausstellungen zurückblicken. Leider werden
diese oftmals nicht honoriert – zumindest nicht finanziell: »Man darf
glücklich sein, überhaupt ausgestellt zu werden.« Um seinen
Lebensunterhalt und die Miete für sein Atelier bestreiten zu können,
arbeitete der gelernte Steinmetz lange Zeit auf dem Bau. Mittlerweile
gibt er Bildhauerkurse und freut sich über die Chance, in einem Metier
Geld verdienen zu können, in dem er seinen künstlerischen Blick weiter
schärfen kann. Ein weiterer Schritt zum Vollzeitkünstler, denn an
seiner Berufswahl hat er trotz aller Schwierigkeiten nie gezweifelt.
Kunst und Knete wechseln sich bei Ebbe Burg in regelmäßigem Rhythmus
ab: Einige Wochen verdient er Geld, einige Wochen arbeitet er von
morgens bis abends an seiner Kunst. Der Druck, auf Abruf kreativ zu
sein, wirkt sich bei ihm eher positiv aus: »Wenn ich ins Atelier gehe,
strenge ich mich an, auch wirklich etwas zustande zu kriegen.«
Frustrierend findet es Burg dagegen, dass er die Hälfte seiner knapp
bemessenen Zeit für die notwendige Eigenvermarktung ausgeben muss. Viel
Energie geht dabei in die Akquise neuer Interessenten, denn direkte
Anfragen erreichen ihn noch viel zu selten. »Ein Künstler, der nur im
stillen Kämmerlein große Kunst macht, muss verdammtes Glück haben, wenn
er erfolgreich sein will.« Burg nimmt vor allem an Wettbewerben teil,
um sich einen Namen zu machen. Seine aufwändigen Rauminstallationen
beanspruchen viel Platz und sind deshalb für den privaten Sammlermarkt
meist nicht interessant. »Als Maler hätte ich es da leichter«, sagt
Burg. Trotzdem möchte er auch in Zukunft seinen eigenen Ausdruck
verfolgen und sich nicht verbiegen lassen, nur um kommerziell
erfolgreich zu sein. »Auch wenn das bedeuten sollte, dass ich nie
ausschließlich von meiner Kunst leben kann.«
IDAR-OBERSTEINER BOTE
20.06.2001
Funken
sprühen zwischen Polen einer Autobatterie
Erdmuth Burg zeigt im Kunsthaus Gerwert ein breites Spektrum
seines Schaffens: Von der Fotografie bis zur Installation
IDAR-OBERSTEIN. Eine Reihe halbierter Tennisbälle wirkt wie eine
Fußmatte am Eingang zum obersten Stockwerk. Wer seinen Fuß dorthin
setzt, wird zunächst einmal zögern. Und dann seine anfänglichen
Hemmungen überwinden, über die wacklige Unterlage in die
Ausstellungsräume gehen, Unsicherheit überwinden.
So jedenfalls stellt sich Künstler Erdmuth Burg die Wirkung der
Installation vor, die er am Eingang zu seiner Ausstellung im Kunsthaus
Gerwert platziert hat.
Der Kölner zeigt bis zum 29. Juli in der
Gründerzeitvilla von Angelika Gerwert und Christian Süßmann im
Stadtteil Idar Arbeiten aus unterschiedlichen künstlerischen Bereichen
– Fotografie, Installation, Skulptur und Zeichnung.
Scharfe Kontraste
Da sind seine Fotografien: eine aufgeschnittene
Blutorange vermittelt einen bemerkenswerten Kontrast zum eintönigen
grünlich-grauen Sandstein, in den das Obststück gebettet ist. Burg
stellt Objekte in ihre Umwelt, lässt Farben wirken- zum Beispiel einer
Glühbirne im schroffen Felsrelief.
Da sind die Zeichnungen:
Aktskizzen, Porträts der Depression. Verlorene blickende Augen,
herabhängende Mundwinkel. Der trostlose Ausdruck im Gesicht einer Frau
weckt Emotion.
Da sind die Skulpturen: Der gelernte Steinmetz,
seit vergangenen Jahr Kunststudent, bevorzugt das Arbeiten mit
Alabaster. Seine Ausgestellten Werke zeigen die angedeuteten Formen
eines Tänzers oder verspielte, durchstochene, an Höhlenformen
erinnernde Arbeiten ohne Titel. Die Interpretation ist dem Betrachter
vorbehalten. Und da sind die Installationen: Zwischen den Drähten einer
Autobatterie sprühen Funken – Symbol für zwischenmenschliche
Spannungen.
Aus einem Eimer voll Salzwasser führt ein Strick an
die Decke, kristallisiertes Salz färbt den Strang stellenweise weiß –
chemische Vorgänge werden begreifbar. Ein Pfahl, dessen Spitze mit
Margarine eingerieben ist, auf der erst auf den zweiten Blick ein
Männchen zu sehen ist – "Beuys-Schüler" hat Burg das Werk
genannt, mit dem er die Zahllosen selbsternannten Beuys-Eleven vor
Selbstüberschätzung warnen will.
Die Ausstellung von Burg ist die
zweite in diesem Jahr im Kunsthaus Gerwert, eine dritte soll folgen.
Sieben waren es im vorigen Jahr – zuviel, meint Christian Süßmann. Aber
das Gespann Süßmann/Gerwert will auch in Zukunft ein Forum für junge
Menschen bieten. Denn neue künstlerische Ideen können der Region nicht
schaden. (da)
|
General-Anzeiger Bonn
20.10.2006
Vernissage im Netz: Von
Burg bis Verbeek
Start der Bonner
Internet-Galerie
Von Thomas Kliemann
"Aufmichhörtjakeiner", wer dieses Lamento von Babak Saed
tagtäglich zwecks Läuterung vor Augen haben will, wird ebenso fündig
wie der Freund der Fotografien von Burkhard Jüttner. Die
Internet-Galerie des General-Anzeigers macht's möglich. 217 Werke von
24 Künstlern stehen bereits im Netz. Babak Saed, für seine
Schriftbänder berühmter Bonner Kunstpreisträger von 2000, trifft sich
dort mit Kollegen wie der monochromen Malerin Tinka von Hasselbach
(Preisträgerin von 1996) oder einer der besten Grafik-Künstler der
Region, Karl Theo Stammer (1993). Der Video Künstler Jan Verbeek (2004)
oder die vielseitige aktuelle Preisträgerin Alexandra Kürtz sind auch
im Netz.
Lokale Urgesteine wie der für seinen freizügigen
Barock bekannte Hellmuth Eichner oder der bunte Bruno Russi sind ebenso
online verfügbar wie sehr begabte Alanus-Schüler, etwa Ebbe Burg, die
2005 für den Kunstpreis nominierte Kathrin Hausel, Wolf Rabe oder
Sebastian Maier. Unter der Internet-Adresse
"www.general-anzeiger-bonn.de/gart" ist das Regionale
Kunst-Portal erreichbar. Der Interessent kann entweder nach Belieben
blättern oder gezielt nach Künstlern suchen, die dann jeweils mit
Lebenslauf, Kontaktadressen sowie Werken vorgestellt werden. Künstler
wiederum dürfen sechs Monate lang der
"GArt-Galerie"-Plattform ihre Werke anbieten, eine
Verlängerung ist möglich.
Das Angebot ist schon in der
gerade angelaufenen Startphase
breit gefächert: Malerei aller Richtungen, Druckgrafik, Zeichnung,
Fotografie, Konzeptkunst, Skulptur und Objektkunst, Textil, Karikatur
und Video. Die Preisskala beginnt bei 60 Euro für eine Zeichnung von
Ebbe Burg, geht weiter bei 99 Euro für ein Video von Verbeek (eine
Kostprobe ist online verfügbar) oder 255 Euro für ein Blatt des
GA-Karikaturisten Burkhard Mohr (der auch mit Skulpturen und Malerei
vertreten ist). Ein Großdruck von Klaus Bertelmann kostet rund 300
Euro, und 1650 Euro muss man für ein Mittelformat von Bruno Russi,
stolze 4000 Euro für "Ab ins Büro" oder
"Meereslandschaft" vom Eichner hinblättern.
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ESSLINGER ZEITUNG 30.05.2002
Im Freiluftatelier rattern die Betonmischer
Ostfildern: Künstlerwettbewerb auf der
Landesgartenschau – Prämierung am 2. Juni – Dem Sieger winkt ein
Preisgeld von 2000 Euro
Von Britta
Slusar
Eine Kartoffel bracht ihn auf die
Idee. Er höhlte sie aus, bis er nur noch die Schale in der Hand hatte.
Die Idee für den "Findling" war geboren. Jetzt brauchte Ebbe
Burg nur noch die Möglichkeit, das Konzept umzusetzen.
Der angehende Bildhauer ist einer von insgesamt
15 Künstlern, die auf der Landesgartenschau an dem internationalen
Skulpturenwettbewerb "Artist at Work" teilnehmen. Ebbe Burgs
"Findling" wird ein rundes Gebilde von einem Meter
Durchmesser. "Wenn sich der Betrachter von der einen Seite nähert,
sieht er die Masse. Geht er um das Kunstwerk herum, sieht er, dass er
innen hohl ist erklärt Burg, "Es steckt mehr dahinter, als auf den
ersten Blick erkennbar ist.". In einer Verschalung steckt die
äußere Negativform aus Gips, darin befindet sich eine große Kugel aus
Styropor, die Burg mit der Kettensäge bearbeitet hat. Der Hohlraum
zwischen Schale und Gips wird mit Beton ausgegossen. Der gelernte
Steinmetz arbeitete bereits in der Bauhütte der Esslinger Frauenkirche
mit und sieht es als Chance, ein so großes Objekt zu gestalten.
Ebbe Burg, Student und Bildhauer, sitzt in der äußeren
Gipsform seines "Findlings".
In dem Freiluftatelier zwischen den Traumfeldern D10 und D11
wird angerührt, gemischt, ausgegossen, gesägt, geschliffen und
gestrichen. Die Teilnehmer sollen in einer Woche aus jeweils einem
halben Kubikmeter Sandsteinbeton ein Kunstwerk entsehen lassen. Die
Besucher können jeden Tag erleben, wie sich das Kunstobjekt entwickelt.
Unter Vorsitz von Paul Uwe Dreyer von der Staatlichen Akademie für
Bildende Künste Stuttgart wird eine Jury das Ergebnis bewerten.
Zusammen mit der Amstetter Baufirma Braun wurde der Wettbewerb zum
zweiten Mal ausgelobt. Er ist mit einem Preisgeld von 2000 Euro
dotiert. Bis zum Ende der Gartenschau sind die Plastiken auf dem
Gelände zu sehen, die danach zugunsten eines guten Zwecks von Günther
Jauch versteigert werden. (...)
Unterdessen drehen sich die beiden Betonmischer
unaufhörlich weiter. In dem Freiluftatelier sieht es aus wie auf einer
Baustelle, der Lärm ist enorm, die Künstler ähneln Bauarbeiter. Jeder
hat sein eigenes "Betonkonzept", das er wie ein Geheimnis
hütet.